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Der Terror trifft das Machtzentrum der EU

Verletzte auf dem Gehweg, heulende Polizeisirenen, abgeriegelte Straßen: Vier Tage nach der Festnahme des mutmaßlichen Paris-Attentäters Abdeslam sterben viele Menschen bei Anschlägen in Brüssel. Die Metropole scheint schutzlos.

  • Eine Anschlagserie hat Brüssel erschüttert. Es gab mehrere Explosionen in der Abflughalle des Flughafens und in der U-Bahn.

  • Insgesamt sollen mehr als zwei Dutzend Menschen getötet und viele weitere verletzt worden sein.

  • Belgien hat die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen.

  • Menschen in Brüssel sollen in ihren Wohnungen bleiben.

Der Terror hat am Dienstag das Machtzentrum der Europäischen Union erreicht. In der U-Bahn Station Maelbeek in Brüssel ereignet sich am Morgen eine Explosion – die Haltestelle liegt inmitten von EU-Behörden, Botschaftsgebäuden und keine 300 Meter vom Sitz der Kommission und des Europäischen Rates entfernt.

Rauch quillt aus dem Eingang der Station, es soll mindestens zehn Tote geben, Verletzte werden auf dem Gehweg behandelt. Eine Frau läuft weinend davon. Einige Menschen wollen mit Smartphones filmen und fotografieren, die Beamten drohen ihnen mit der Festnahme. Die Polizei riegelt das Gebiet ab, aufgebrachte Beamte vertreiben neugierige Passanten. Später werden ganze Straßen rund um den U-Bahnhof gesperrt. Der Verkehr steht praktisch still im Europaviertel

Welches Drama sich unter der Rue de la Loi, einer der meistbefahrenen Straßen Brüssels, ereignet hat, ist zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Belgische Medien berichten von vielen Verletzten, von zehn Toten ist die Rede – das ist aber noch unbestätigt. Auf einem Foto ist zu sehen, wie Menschen einen U-Bahn-Waggons verlassen.

Die Behörden haben die Terrorwarnstufe von drei auf vier erhöht, alle Metrostationen sind gesperrt, auch große Straßentunnel sind geschlossen. Über der Stadt kreisen Hubschrauber der Polizei, Sirenen heulen (verfolgen Sie die aktuellen Ereignisse hier im Newblog).

Auch am Flughafen geht nichts mehr. Hier ereigneten sich gegen acht Uhr morgens in der Abflughalle mehrere Detonationen. Mindestens ein Selbstmordattentäter soll sich in die Luft gesprengt haben. Es gab mindestens 13 Todesopfer und 35 Verletzte.

Die Brüsseler Feuerwehr spricht bislang von 21 Getöteten an beiden Tatorten.

Die Hauptstadt Europas ist erneut lahmgelegt – wie schon im November, als sich herausstellte, dass die Attentate von Paris maßgeblich im Brüsseler Stadtteil Molenbeek geplant worden waren. Kritiker nannten die damaligen Sicherheitsmaßnahmen übertrieben: Sie seien strenger als in Paris, obwohl sich in Brüssel gar kein Anschlag ereignet habe, während in der französischen Hauptstadt rund 130 Menschen starben. Jetzt gibt es auch in Brüssel Tote – wie viele insgesamt, das war am Dienstagvormittag noch unklar.

Fest aber steht: Die Stadt wird sich verändern. Sie steht nun in einer Reihe mit Madrid, London, Istanbul und Ankara.

Erst am Freitag hatte die belgische Polizei in Molenbeek Salah Abdeslam festgenommen, der an den Pariser Anschlägen beteiligt gewesen sein soll und anschließend untergetaucht war. Ob die Anschläge vom Dienstag die Rache der Islamisten sind, ist zurzeit nicht klar. Allerdings hatten die belgischen Behörden davor gewarnt, dass Abdeslams Festnahme womöglich nicht ohne Folgen bleiben würde.

Der belgische Premierminister Charles Michel hat kurz nach den Anschlägen den nationalen Sicherheitsrat zusammengerufen, der mit den wichtigsten Ministern der Regierung besetzt ist. Anderswo scheint man schon weiter zu sein. Spaniens Außenminister José Manuel García-Margallo hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für die Explosionen in Brüssel verantwortlich gemacht. “Es handelt sich um eine koordinierte Aktion an verschiedenen Stellen der Stadt”, sagte der Minister dem Radiosender Cadena Cope.

Warum man in Madrid besser informiert sein sollte als in Brüssel, war zunächst unklar. Eines aber steht fest: Der Druck auf die belgischen Behörden steigt. Schon seit den Anschlägen von Paris stehen sie in der Kritik. Sie hätten zu lasch auf die Ausbreitung des Islamismus reagiert und zugelassen, dass sich Problemviertel wie Molenbeek zu Islamistenhochburgen entwickeln, so der Vorwurf. Dass Abdeslam sich mehr als 120 Tage lang mitten in der Brüsseler Gemeinde verstecken konnte, passt ins Bild.

Der Spiegel

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