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Nach Abschuss des Kampfjets: Nato warnt Türkei vor Eskalation mit Russland

Die Nato versucht nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei zu beschwichtigen. Bei einer Krisensitzung sicherte die Allianz Ankara zwar ihre Solidarität zu – doch warnte sie vor einer Eskalation.

Der Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei sorgt international für Beunruhigung. US-Präsident Obama und Frankreichs Staatschef Hollande forderten die Türkei und Russland auf, eine Eskalation der Angelegenheit zu verhindern, denn das sei “äußerst schädlich”, sagte Hollande. Es sei wichtig, dass beide Seiten miteinander sprächen, um herauszufinden, was genau passiert sei, forderte Obama. Die Türkei habe “wie jedes Land das Recht, seinen Luftraum zu verteidigen”.

Bei einer von Ankara einberufenen Krisensitzung sicherte die Allianz den Türken am Abend zwar ihre Solidarität zu. Gleichzeitig warnten sie aber vor einer weiteren Zuspitzung der Lage. “Ich rufe zu Ruhe und zu Deeskalation auf”, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstagabend nach der Sondersitzung des Nato-Rates in Brüssel. In ihm sitzen Vertreter aller 28 Bündnisstaaten.

Die türkische Regierung hatte am Vormittag bestätigt, im syrisch-türkischen Grenzgebiet ein Flugzeug vom Typ Suchoi-24 abgeschossen zu haben. Ankara wirft Moskau vor, türkischen Luftraum verletzt zu haben. Russland weist das zurück.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan unterstrich am Abend das Recht seines Landes zur Verteidigung seiner Grenzen. Jeder müsse dieses Recht respektieren. Zwei russische Flugzeuge hätten türkischen Luftraum verletzt. Davon sei eines abgeschossen worden. Erdogan erhielt daraufhin Beifall der Zuhörer, die sich zu einem Empfang zum Tag des Lehrers in Ankara versammelt hatten.

Putin droht mit Konsequenzen

Erdogan kritisierte die Luftangriffe Moskaus im Nordwesten Syriens, ohne Russland dabei ausdrücklich zu nennen. Unter dem Vorwand, die Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS) in Syrien zu bombardieren, würden auch Turkmenen in der Region angegriffen, sagte er. Die Regierung in Ankara unterstützt die turkmenischen Rebellen in Syrien, die gegen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad kämpfen. Die Türkei fühlt sich der turkmenischen Minderheit auch ethnisch verbunden.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuvor Konsequenzen nach dem Abschuss angekündigt. Die Türkei sei der russischen Luftwaffe “in den Rücken gefallen”. Im Kampf gegen den Terror sei das ein Schlag von hinten gewesen, “begangen von Helfershelfern von Terroristen”. Die russischen Piloten hätten niemanden bedroht. Zum Zeitpunkt des Abschusses habe sich die russische Maschine vier Kilometer von der Grenze entfernt auf syrischem Gebiet befunden.

“Wir werden niemals dulden, dass solche Verbrechen wie das heutige begangen werden”, sagte Putin. Nach dem Abschuss habe sich die Türkei nicht etwa an Russland gewandt, sondern eine Sondersitzung der Nato einberufen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters einen für Mittwoch geplanten Türkei-Besuch ab. Er rief die Russen zudem dazu auf, nicht in die Türkei zu reisen.

Das US-Verteidigungsministerium berichtete, türkische Piloten hätten das russische Kampfflugzeug vor dessen Abschuss im türkisch-syrischen Grenzgebiet zehnmal gewarnt. Die Russen hätten darauf aber nicht reagiert, erklärte Pentagon-Sprecher Steve Warren am Dienstag auf Basis mitgehörter Funksprüche. Amerikanische Piloten hätten “alles gehört”, was vor dem Abschuss zwischen den Jets kommuniziert worden sei.

Gabriel attackiert Ankara

Auch deutsche Spitzenpolitiker äußerten sich. Er hoffe, dass aus dem jüngsten Konflikt zwischen Russland und Türkei in der Syrienkrise kein Schaden für die angestrebte internationale Koalition gegen den Terror entstehe, sagte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD).

Gabriel attackierte das Vorgehen Ankaras: “Erst mal zeigt der Zwischenfall, dass wir einen Spieler dabei haben, der nach Aussage von verschiedenen Teilen der Region unkalkulierbar ist: Das ist die Türkei und damit nicht die Russen”, sagte der SPD-Chef der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. “Dass die Russen jetzt die Konfrontation auslösen durch die Verletzung des Luftraums, darf einen ja nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Türkei dort in diesem Konflikt eine schwierige Rolle spielt.”

Unklar ist das Schicksal der beiden russischen Piloten: Nach Angaben aus türkischen Regierungskreisen sind sie vermutlich noch am Leben. Offenbar seien sie in der Gewalt syrischer Aufständischer, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag von einem Insider. “Unsere Leute arbeiten daran, sie wohlbehalten von den Rebellen überstellt zu bekommen.” Eine syrisch-turkmenische Rebellengruppe hatte zuvor behauptet, sie habe die Piloten erschossen, als sie an ihren Fallschirmen zur Erde geschwebt seien.

der spiegel

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