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Zehntausende Syrer hungern in belagerten Städten

In Syrien sind Zehntausende Menschen vom Hungertod bedroht. Allein in dem belagerten Bergort Madaja sind laut Augenzeugen 40.000 Menschen hilflos eingeschlossen. Inzwischen essen sie Blätter und Gras, um zu überleben

Die syrische Stadt Madaja ist seit mehr als 170 Tagen abgeriegelt, deshalb ist es schwer, an verlässliche Informationen zu kommen. Doch was Augenzeugen aus dem Ort rund 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Damaskus berichten, klingt dramatisch.

 Etwa 40.000 Menschen sollen in dem belagerten Ort Hunger leiden. Ein Arzt sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Bewohner würden inzwischen Gras und Laub essen, um ihren Hunger zu stillen. Zudem hätten sie vor einigen Tagen begonnen, Hunde und Katzen zu schlachten.

“Die Menschen sterben in Zeitlupe”, sagte ein Sozialarbeiter aus Madaja dem “Guardian”.

In den sozialen Netzwerken kursieren Fotos von toten und halbverhungerten Menschen, deren Authentizität sich aber nur schwer prüfen lässt.

Das Wetter erschwert die Lage zusätzlich: Madaja liegt in 1500 Metern Höhe, die Temperaturen liegen derzeit unter dem Gefrierpunkt. Inzwischen verbrennen die Menschen sogar Plastik, um sich zu wärmen. Nach Angaben von Ärzten leiden wegen des beißenden Rauchs viele Menschen an Atemproblemen. Beim Versuch, Feuerholz in umliegenden Wäldern zu sammeln, seien bereits mehrere Menschen von Scharfschützen erschossen worden.

Dutzende Menschen sollen nach Angaben von Augenzeugen in den vergangenen Wochen bereits verhungert sein. Die Rede ist von 20 bis 35 Toten.

Madaja wird von Aufständischen der Freien Syrischen Armee (FSA) kontrolliert. Seit Anfang Juli 2015 belagern die syrischen Regierungstruppen und die mit Diktator Baschar al-Assad verbündete Hisbollah den Ort nahe der libanesischen Grenze.

Horrende Schwarzmarktpreise

Mitte Oktober gelangte zuletzt eine Kolonne mit 21 Lastwagen voller Medikamente und Nahrungsmittel nach Madaja, seither sind die Menschen auf sich gestellt.

 FSA-Kämpfer in der Stadt versuchen offenbar, trotz der verheerenden Lage noch Profit zu schlagen. Nach Angaben von Augenzeugen kostet auf dem Schwarzmarkt von Madaja ein Kilogramm Milchpulver für Babys inzwischen rund 300 Euro. Der Preis für ein Kilo Weizenmehl und ein Kilo Reis soll jeweils bei mehr als 200 Euro liegen.

Im Norden Syriens bietet sich das umgekehrte Bild: Dort belagern Aufständische und Einheiten der Terrormiliz Nusra-Front die beiden Orte Fua und Kefraja, die von Regierungstruppen beherrscht werden. Einige Kämpfer durften den Ort Ende Dezember verlassen, doch auch hier sind noch Tausende Zivilisten eingeschlossen. Einer der evakuierten Kämpfer berichtete von katastrophalen Bedingungen. Menschen müssten Gras essen, Kranke ohne Narkose operiert werden.

Das Internationale Rote Kreuz fordert Zugang zu allen drei belagerten Orten: Madaja, Fua und Kefraja. Für Tausende Menschen in Syrien läuft die Zeit davon.

syd/dpa

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